#58 1 Tag und 4 Pässe auf der Routes des Grandes Alpes

, ,

Wieder frühstücken wir herrlich auf der Terrasse mit Blick auf den See und die Berge.

Unsere nächste Zwischenübernachtung ist Chambéry. Eigentlich wollen wir nach Chamonix, aber die Wettervorhersage lässt uns einen Schlenker über Westen machen. Da wir etwas faul und keine Haarnadelkurven-Junkies sind, planen wir die Route in den Tälern. Die Hotelchefin quittiert dieses Vorhaben mit hochgezogenen Augenbrauen. Wir sollten doch bitte die tollen Pässe auf dem Weg fahren! Den Col d‘Izoard hatte SB tatsächlich schon im Auge (der bringt direkt auch den Col du Lautartet mit sich). Der Col du Galibier und der anschließende Col du Télégraph wurde aber mit Blick auf einige Fotos verworfen. Ob denn diese Pässe schwierig zu fahren sind, will SB mit angeborener Skepsis wissen. Ach was! winkt die Hotelchefin ab… easy! Im Nachhinein wirken wir wohl erfahrener auf den Moppeds, als wir uns selber trauen. Also wird die Route umgeplant und schwupps fahren wir zwei Highlights der berühmten Route des Grandes Alpes mit knapp unter und knapp über 2500 m Passhöhe.

Nach einem Plausch mit anderen deutschen Gästen, wo man sich gegenseitig das Leid klagt bezüglich des Essens und dass “Essen wie Gott in Frankreich“ wohl keine Daseinsberechtigung im Alltag mehr hat (Haute Cuisine mal ausgenommen) und dass die deutsche Küche jenseits der Klassiker und die Lebensmittel echt gut sind, reiten wir los Richtung Norden.

An Embrun vorbei auf einer hässlichen Nationalstraße, bis zum Abzweig zum Izoard Pass. Zunächst geht es gemütlich und sanft steigend durch eine Schlucht. Bei einer besonders engen Passage mit ordentlichem Felsüberhang wird der Verkehr per Ampel geregelt. Es wird zunehmend kurviger, auch die Steigung nimmt zu. Nicht all zu flott, aber schon zügig arbeiten wir uns zur Baumgrenze vor.

Sobald entlang der Straße Bäume und Seitenbegrenzung fehlen, springt das Kopfkino sofort wieder an und es zählt nur der starre Blick auf die Straße und nicht in den Abgrund.

Unterhalb des Passes gibt es auf der Südrampe nach der Baumgrenze ein besonders oft geknipstes Areal, die Casse Deserte. Eine Mondlandschaft mit steilen Hängen aus grauem Geröll und dazwischen stehenden Felsnadeln. Die Parkplätze sind leider nicht ansteuerbar für uns – entweder voll, oder auf der anderen Seite der Straße in einer Kurve (für solche Manöver ist uns zuviel Verkehr).

Nach der Casse Deserte sind es nur noch wenige Kehren bis zur Passhöhe bei 2360 m. Die Straße, die wir hochgekommen sind meandert von oben betrachtet sehr harmonisch den Hang nach oben. Leider wird unser Runners High durch eine enorme Baustelle genau auf dem Pass getrübt. Aber eigentlich egal, Fotos der Strecke hinter uns

und vor uns kann man dennoch gut machen.

Und von uns selber auch.

Wir sitzen nach ein paar Minuten wieder auf, nachdem wir halb bewundernd, halb entsetzt einen jungen Mann beobachten, der dort oben mit einem Skateboard hantiert und anscheinend eine der Straßen nach unten fahren will 😳🙈. Die Nordrampe ist etwas sanfter. Wir schwingen uns hinunter und kehren in einem Almrestaurant ein… strahlend blauer Himmel, rote Sonnenschirme, grüne Wiesen, graue Felsen… passt!

Weiter geht’s im gleichen Trott bis Briançon. Ab da bringt uns die D1091 angenehm und sehenswert zum Col du Lautartet.

Kurz vor dem Col halten wir an einem Refuge für ein Foto. Kaum ist der Motor aus, trabt ein Australian Sheperd mit Tennisball im Maul auf uns zu. Das Kerlchen will mit uns spielen… an der stark abschüssigen und stark befahrenen Passstrasse! SL als Hundebetörerin steigt natürlich sofort ab und spielt dem Hund den Ball mehrfach zu, der ihn dann sauber im Flug fängt. Er will uns gar nicht weglassen und legt uns immer wieder den Ball vor die Füße.

Kaum ist ein Mopped wieder gestartet, trollt er sich, da ist nichts mehr zu wollen, weiß er. Auf dem Col du Lautartet stoppen wir nochmals für ein paar Fotos und ein paar Gehminuten.

Da denken wir noch, das Meiste bereits hinter uns zu haben. Dann geht es los, hinauf zum Col du Galibier. Die Straße ist vom Belag her gut, aber echt knapp in den Hang gepresst und ohne Leitplanke. Uns geht je weiter wir noch oben fahren, desto heftiger die Düse. Eigentlich eine phänomenale Strecke, aber wir nehmen die Aussicht nicht wahr bei der schwindelerregende Höhe mit dem steilen Abhang direkt neben den Reifen. SL kämpft wieder mit der Höhenangst “auf die Strecke gucken, Strecke, Strecke, Strecke“.

Oben angekommen ergattern wir einen Parkplatz unter unzähligen Rennradlern. Auf 2642 m Höhe haben wir uns hochgeschraubt.

Der Blick zurück ist auch hier atemberaubend.

Ein bisschen stolz sind wir schon und an Fahrpraxis zugelegt haben wir alleine bis zu diesem Pass auch wieder viel.
An einem steilen Geröllhang geht es auf der D902 baumlos wieder hinunter.

Vorher muss SB noch die Rennradler von der Strecke scheuchen, die glückselig vor dem Passschild beide Fahrbahnen blockieren. Das Gekurve geht weiter

bis nach Valloire, einem eher hässlichen Skiort. Danach über den moderaten Col du Télégraph (1566m) nach Saint-Michel-de-Maurienne. Ab hier geht es zig Kilometer durch ödes Industrieland und Industriebrachen nach Chambéry. Total platt setzen wir erstmal das Hotelbadezimmer unter Wasser und marschieren dann mit knurrendem Magen Richtung Zentrum. Es ist eine längere Odyssee, bis wir endlich einen schönen Platz in einem Restaurant ergattern und ganz gut und gemütlich den Abend ausklingen lassen. Das war ein echter Ritt für uns… müde fallen wir ins Bett.